Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

alles rund um das 650er Fahrwerk, Bremsen, Federung usw
CraBz
beteiligt sich
Beiträge: 16
Registriert: 11.11.2019, 05:17

Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von CraBz »

Moin Leute,
leider habe ich ein kleines Problem. Ich habe mich Anfang Januar mit der KLR gelegt. Kurve zu weit genommen und ganz stumpf übern Bordstein gefahren und über den Lenker abgestiegen. War jetzt gestern das erste Mal nach meinem Krankenhausaufenthalt wieder unterwegs und habe festgestellt dass irgendwas mit Gabel/Lenker nicht stimmt. Der Lenker + Cockpit stehen bei gerader Fahrt auf jeden Fall leicht schief. Leider kann ich nicht genau sagen wo der Fehler sitzt, also ob es was "harmloses" ist oder etwas dass sich jemand mit mehr Ahnung anschauen sollte.

Jetzt bin ich bei einer Internetsuche auf den Hinweis gestoßen die ober Gabelbrücke zu lösen und ein paar mal einzufedern, damit sich das ganze wieder "geradeschiebt".
Ist es sinnvoll das zu probieren oder lieber direkt zu ner Werkstatt?

Das Problem ist auch dass ich nicht unbedingt weiß welche Schrauben ich dafür genau lösen müsste. Ich will auch ungerne wahllos alles losschrauben...
Versteht mich nicht falsch. An sich traue ich mir das schon zu, habe aber noch nie an Motorrädern geschraubt.

Wäre echt super wenn mir jemand helfen könnte, oder mir wenigstens einen Rat geben könnte.
LG

P.S. bei der Ausfahrt gestern kam ich auch an meiner "Todeskurve" vorbei und habe im Nachhinein absolut keine Ahnung wie ich da so versagt habe.
Benutzeravatar
jo-sommer
Foreninventar
Beiträge: 2400
Registriert: 22.11.2011, 12:33
Wohnort: Ganz oben in Baden
Hat sich bedankt: 12 Mal
Danksagung erhalten: 61 Mal

Re: Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von jo-sommer »

Hallo,

erstmal schön, dass du wieder auf'n Bock kannst - nach nem Abflug immer wieder n gutes Gefühl, oder?

Zum Problem: ja, es ist wahrscheinlich, dass nach nem Aufprall an den Bordstein die Gabel "bissel Schief" ist. Und es kann durchaus sein, dass die Standrohre sich einfach in der Gabelbrücke (bzw. den Gabelbrücken) verklemmt haben.

Du hast zwei Möglichkeiten:

nur die oberen Klemmschrauben lösen und versuchen, ob sich die Sache so, wie du es beschrieben hast, löst.
Hierzu musst du nur die 4 Klemmschrauben an der oberen Gabelbrücke, die sitzen aussen an den schwarzem Umfassungen der Standrohre, M6 mit SW10, lösen (nicht rausdrehen, sondern nur soweit lockern, dass du unter dem Schraubenkopf eine Gewindesteigung sehen kannst) und dann mit Einfedern probieren.

Je nach Modell (hast du ne A, ne Tengai, ne C???) kommst du an die Klemmschrauben dran, ohne irgendwas anderes losschrauben zu müssen - bei der A oder der C brauchst du (IIRC) keine andere Schraube aufzudrehen.

Wenn die Verspannung allerdings nicht nur minimal ist, ist es besser, die Gabelrohre quasi spannungsfrei neu einzusetzen. Dazu bockst du die Karre auf den Rahmenrohren oder dem Motorschutz auf (Colakiste oder so), dass das Vorderrad frei hängt.
Vorderrad ausbauen (Merk dir genau die Lage der Distanzscheiben / Buchsen).
Dann löst du die oben schon beschriebenen Klemmschrauben an der oberen Gabelbrücke und zusätzlich die der unteren (gleiche Schrauben an der gleichen Stelle, nur halt unten).
Danach kannst du die Gabelrohre etwas nach oben / unten bewegen und drehen.
Bevor du die Klemmschrauben wieder anziehst, achtest du drauf, dass die Standrohre oben gleich weit aus den Klemmböcken der Gabelbrücke rausstehen.
Klemmschrauben anziehen, Vorderrad wieder rein und Achse richtig anziehen.

Du merkst bei beiden Varianten relativ schnell, ob sich das ganze front-end wieder normal anfühlt.

Und wenn der Einschlag nicht sooo hart war verträgt das ne Gabel schon mal; hab einige gesehen, die ne Neue kaufen wollten wegen Verdacht auf krumme Rohre. Hab auch mal n Mopped gekauft mit angeblich verzogener Gabel, das nach Entspannen und neu Setzen einwandfrei geradeaus lief.

Viel Spass beim Schrauben, Gruss Jo
Die Schwarze Sau: '88er 650A, leicht modifiziert, nervt!
CraBz
beteiligt sich
Beiträge: 16
Registriert: 11.11.2019, 05:17

Re: Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von CraBz »

Erstmal vielen Dank für die umfassende Antwort.
Es handelt sich um eine C.
Sind die Schrauben die du beschreibst nicht die der unteren Gabelbrücke?
Falls es hilft, die untere Gabelbrücke ist parallel zur Spur, die obere + Lenker nicht.

Ich habe mal ein Bild gemacht, welche genau soll ich jetzt lösen, die blau oder rot markierten?
Sallo1971

Re: Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von Sallo1971 »

Fluchtet dein Schutzblech mit dem Vorderrad oder ist es schief? Dann würde ich die untere Gabelbrücke lösen.
Ob deine Standrohre was abbelommen haben kannst du feststellen, indem du die Karre vorne aufbockst oder am Rahmen aufhängst, den Radbolzen mehrere Mutternumdrehungen löst und erst das eine Standrohr löst und eine komplette Umdrehung drehst um zu sehen, ob das Tauchrohr sich von der Radnabe entfernt. Das Gleiche machst du dann auch mit der anderen Dämpferseite.
So habe ich bei meiner Resto festgestellt, das meine Gabel nen leichten Knick hat.

Es kann auch sein, da du die obere Lenkkopfmutter lösen musst um die ganze Einheit wieder ins Lot zu bekommen.
Das würde ich aber mit einen Flachen Maulschlüssel bei angebauten Lenker machen, damit du das richtige Mittelmaß feststellen kannst.
Benutzeravatar
jo-sommer
Foreninventar
Beiträge: 2400
Registriert: 22.11.2011, 12:33
Wohnort: Ganz oben in Baden
Hat sich bedankt: 12 Mal
Danksagung erhalten: 61 Mal

Re: Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von jo-sommer »

Meine Meinung: da sieht man schon auf dem Bild, dass die Gabel verdreht ist.

Um das wieder auszurichten, müssen alle Klemmschrauben auf.

Stell die Kiste auf nen Bock wie schon beschrieben; lass das Vorderrad drin, am Besten positionierst du die Colakiste, oder was immer du als Bock nimmst, so, dass das Vorderrad mit wenig Gewicht auf dem Boden aufsteht.

Dann machst du die "blauen" und die "roten" Schrauben auf - auch die auf der Gegenseite rechts - und zwar so weit, dass du die Standrohre in den Klemmungen recht leichtgängig verschieben kannst.

Danach - wie beim Fahrrad - das Vorderrad zwischen die Knie und über die Lenkerenden die beiden Brücken grob gegeneinander ausrichten, so dass die beiden Gabelbrücken wieder fluchten. Geht ganz gut, wenn du vor der Kiste stehst.

Danach ziehst du die unter Gabelbrückenklemmung leicht an, so dass sich die Standrohre gegen etwas Widerstand noch verschieben lassen und richtest sie gleich hoch aus, so dass sie oben gleich weit aus der Gabelbrücke herausschauen.

Dann kannst du die Klemmschrauben wieder auf Drehmoment festziehen und der Drops sollte gelutscht sein.

Die Prozedur hier ist jetzt auf die einfachste Lösung hin beschrieben; ich glaube hier nicht, dass die soweit verzogen oder krumm ist, dass die Lenkkopfmutter nachgezogen werden muss, wenn du gegen die Richtung, in die sich die Gabel beim Aufprall verzogen hat, sollte das beim Rück-Richten sich zumindest akzeptabel wieder richten.

Viel Spaß, Gruß Jo
Die Schwarze Sau: '88er 650A, leicht modifiziert, nervt!
CraBz
beteiligt sich
Beiträge: 16
Registriert: 11.11.2019, 05:17

Re: Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von CraBz »

Noch einmal vielen Dank für die guten Antworten. Leider musste ich mir jetzt erstmal vernünftiges Werkzeug bestellen, also hoffe ich mal dass ich im Laufe der nächsten Woche anfangen kann. Ich werde mich zurückmelden ob es erfolgreich war.
Sallo1971

Re: Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von Sallo1971 »

Die Klemmungen an der Gabelbrücke nicht zu fest ziehen. Es gab auch schon Brüche an der Stelle.
23Nm...
Lenkkopfmutter 42Nm
CraBz
beteiligt sich
Beiträge: 16
Registriert: 11.11.2019, 05:17

Re: Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von CraBz »

Gut, jetzt wurde noch ein Drehmomentschlüssel bestellt. Dann erweitert der Unfall eben mein sehr luftiges Werkzeug Arsenal. Hat dann auch was Gutes. Der Geldbeutel freut sich zwar nicht so, aber dafür freue ich mich umso mehr.
Benutzeravatar
jo-sommer
Foreninventar
Beiträge: 2400
Registriert: 22.11.2011, 12:33
Wohnort: Ganz oben in Baden
Hat sich bedankt: 12 Mal
Danksagung erhalten: 61 Mal

Re: Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von jo-sommer »

Mach dich an der Stelle nicht mit Drehmomenten verrückt.

Die Klemmschrauben reißen nicht ab, wenn du die "fest" nach normal menschlichem Empfinden anziehst.

Die Lenkkopfmutter würde ich schlicht in Ruhe lassen und nicht mal anfassen - wie schon geschrieben, da ist nur die Gabelbrücke etwas verdreht. Beim zurückrichten wird sich auch mit ausrechender Genauigkeit das vorherige Anzugsmoment der Lenkkopfmutter wiederherstellen.
Die Schwarze Sau: '88er 650A, leicht modifiziert, nervt!
Sallo1971

Re: Gabel/Lenker nach Unfall verbogen

Beitrag von Sallo1971 »

jo-sommer hat geschrieben: 23.03.2020, 11:11
Die Klemmschrauben reißen nicht ab, wenn du die "fest" nach normal menschlichem Empfinden anziehst.
Die Schrauben reißen so schnell nicht ab...das ist richtig. Selbst wenn sie reißen sollten hat man kein Problem. Man muß sich lediglich eine neue Schraube besorgen.
Ich rede aber von der Gabelbrücke die "nur" aus Alu ist. Die wird durch zu starkes Aufbiegen zum Lösen der Standrohre und zu starkes Festziehen der Schrauben u.U. so stark strapaziert, das sie im Klemmbereich der Rohrdurchführungen tatsächlich brechen kann...dann hat man ein ziemliches Problem.
Antworten