Kolben nach 100.000km

alles rund um den 650er Motor
KLRAndy
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Kolben nach 100.000km

Beitrag von KLRAndy »

Hallo,

Als ich meine (zweite) KLR bei Suntzun gekauft habe, wurde ich darauf hingewiesen, dass der Motor Öl verbraucht. Nach dem Kauf habe ich dann auch mal das Forum zur genauen Fahrzeughistorie durchforscht und habe dabei herausgefunden, dass bereit 2013 darauf hingewiesen wurde, dass doch mal ein neuer Kolben rein sollte.
Nun etwa 40.000km später ist noch immer der erste (?) Kolben verbaut.

Da ich im Sommer große Reise mit der Tengai machen will, möchte ich bis dahin den Ölverbrauch in den Griff bekommen. Daher habe ich letzte Woche mal den Motor geöffnet, um mir das mal genauer anzuschauen.

Hier ein paar Bilder was ich vorgefunden habe: https://nextcloud.baiters.de/s/TdZEceFS7D3rnpi

Von dem was ich vorgefunden habe, war ich mehreren Punkten überrascht:
  • Der Kolbenboden zeigt nur in der Mitte deutliche Spuren, dass Öl verbrannt wird. An den Außenseiten ist er nahezu blank. Nach Diskussion mit anderen Schraubern in meinem Freundeskreis, ist dies ein deutliches Zeichen, dass die Ventilschaftdichtungen undicht sind. Ganz besonders die Einlassventile waren stark zugekokst (Foto). Da an den Außenseiten des Kolbens kaum Ablagerungen zu sehen sind, ging ich davon aus, dass die Kolbenringe noch dicht sind.
    --> Stimmt ihr mir in dieser Annahme zu, oder widersprecht ihr mir entschieden? :nixweiss:
  • Trotz 100tkm Laufleistung kann man in der Laufbuchse noch immer die kreuzweisen Hohnspuren sehen. Das finde ich sehr überraschend. Könnt ihr euch das erklären?
Allgemein war ich wirklich sehr erstaunt, in welchem guten optischen Zustand der Einzylinder-Motor nach 100tkm noch war. :lupe:

Mittlerweile ist der Motor wieder zu und läuft auch soweit. Ich habe jetzt mal nur die Ventilschaftdichtungen erneuert, die Ventile gereinigt und sie eingeschliffen. Damit wollte ich erst einmal beobachten, ob das alleine schon hilft den Ölverbrauch in den Griff zu bekommen.
Ich konnte zwar bisher nur eine kurze Probefahrt machen, aber bereits dabei konnte ich feststellen, dass die Tengai noch immer ordentlich nach Öl in den Abgasen stinkt. :(

Das Problem ist also offensichtlich noch nicht behoben, d. h. der Zylinderkopf muss nochmal runter und dann wird das ganze Set zum Hohnen etc. geschickt. Ich vermute auch, dass der Zylinderkopf überholt werden muss (vmtl. die Ventilführungen).
Da werde ich mir die nächsten Tage mal noch das Forum hier zu Gemüte führen, welche Firmen hierfür empfohlen werden.

Grüße
Andy
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Bäm
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Re: Kolben nach 100.000km

Beitrag von Bäm »

Du musst dir doch auch die Frage stellen, woher die Verkokungen auf der Einlassseite kommen. Normalerweise sollte da nur Luft und vernebelter Kraftstoff sein.
Ich gehe hier eher nicht davon aus, dass die Ventilschaftdichtungen dermaßen undicht waren, dass hier Unmengen an Öl austreten. Ich vermute hier eher blow-by am Kolbenring und dadurch ölige Ansaugluft über die Kurbelgehäuseentlüftung.
Hast du den Zylinder mit nem Messtaster Mal durchgemessen, ob der noch rund ist?
Dass der Honschliff noch so deutlich zu erkennen ist, zeigt eigentlich nur, dass die Kolbenringe sich - wie gewollt - mehr abnutzen als die Zylinderwand. Glattgebügelt ist kurz vor Kolbenfresser, weil wo keine Täler sind, kann kein Ölfilm anhaften. Wenn der Zylinder sich irgendwann mal oval verzogen hat, sieht man das nicht so deutlich am Honbild, wie einen Kolbenkipper oder Kolbenklemmer...
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Thägger
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Re: Kolben nach 100.000km

Beitrag von Thägger »

Also wenn der Kolben und die Ventile so verkohlt sind, liegt das nicht alleine an den Ventilschaftdichtungen. Hier ist vor allem der Kolben-Ölabstreifring am Ende.
Leider ist dieser bei den KLR-Motoren eine Fehlkonstruktion.
Wössner-Kolben in der nächsten Übergröße besorgen und zusammen mit dem Zylinder zum Aufbohren/Hohnen geben (Kolbenspielmaß mitgeben).
Danach mindestens 500 km brav einfahren und dann einen Ölwechsel. Dann ist der Ölverbrauch bei etwa 0,1 Litern auf 2000 km.
Ich spreche aus Erfahrung. Habe schon zwei Motoren so gemacht und beide sind top.
Das auf die nächsten 70.000 km eingesparte Öl macht diesen Vorgang wieder wett.
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Bäm
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Re: Kolben nach 100.000km

Beitrag von Bäm »

Das "brav" bezieht sich auf das 500km konsequent einhalten. Nicht mit "schonend" verwechseln - man will beim Einfahren auch bei kaltem Motor möglichst viel Last, damit die Kolbenringe sich an die Zylinderwand drücken; und das aber bei vergleichsweise niedrigen Drehzahlen (kalt bis 1/3, warm bis 2/3 der Nenndrehzahl) - also genau das, was man den Rest des Motorlebens eher meiden sollte, um die Pleuel- Kurbelwellen- sowie Hauptlager nicht vorzeitigem Verschleiß zu offerieren.
Soll kein Widerspruch sondern eine Ergänzung sein, um das klarzustellen, was ich vor wenigen Monaten noch falsch verstanden hätte.
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Chef
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Re: Kolben nach 100.000km

Beitrag von Chef »

Bei Suntzuns Tengai ist die Sache doch ganz klar.
Um dem Motor das Ölsaufen abzugewöhnen muss auf jeden Fall ein Übermaßkolben rein.
Ventile zumindest Einschleifen und neue Schaftdichtungen hast Du ja schon gemacht.

Dann kommt jetzt noch das, was Thägger schon vorschlägt:
Übermaßkolben besorgen und Zylinder passend darauf honen lassen.
Wössner wäre bei mir auch erste Wahl - sind/waren aber nicht immer verfügbar. Die bisherigen Erfahrungen mit Prox-Kolben sind aber auch nicht schlecht. Die kann man wohl auch guten Gewissens verbauen.

Säuft sie dann immer noch Öl, kann's ja nur noch an den Ventilsitzen und/oder den -führungen liegen.
Im Zweifel neue Ventile besorgen, die Ventilsitze neu fräsen lassen und evtl. neue Ventilführungen einsetzen.
Dann noch neue Schaftdichtungen und dann sollte Ruhe sein.

Da die Historie von Sunzuns Motor ja bekannt ist, weißt Du, dass da noch der erste Kolben drin ist.
Und egal wie "sauber" der Kolben oder der Zylinder für dich aussieht (ich finde den Zylinder ehrlich gesagt auf den Fotos aber auch nicht mehr so toll :? ) - der muss bei 100tkm mehr oder weniger Öl fressen. Das geht gar nicht anders.
Von daher kommst Du um einen neuen Kolben/Zylinderschleifen definitv nicht rum.
Insofern kann man deiner Annahme mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit widersprechen. ;)
Ich tu's jedenfalls ;D

Du kannst ja auch noch einen anständigen Druckverlusttest machen, um ganz sicher zu gehen.
Den würde ich mir bei 100tkm Laufleistung aber ganz sicher sparen...


Gruß Chef
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Re: Kolben nach 100.000km

Beitrag von KLRAndy »

Nachdem ich das Problem des Ölverbrauchs die Saison über hinten angestellt habe, gibt es nun ein Update zu dem Kolben nach 100.000km (inzwischen 110.000km):

Ich habe den Motor nun soweit auseinander genommen, dass ich den Kolben ziehen und dessen Unterseite begutachten konnte.
Dabei hat sich mir folgendes offenbart:
  • Der Kolbenbolzen hat einige Spuren an Kolben und Pleuel hinterlassen. Er wollte auch nur mit einigem Nachdruck raus gehen.
  • Das Pleuel hat leichtes horizontales Spiel auf der Kurbelwelle.
  • Die Laufbuchse hat leichte Laufspuren, aber für die Laufleistung echt noch ok.
Bilder dazu findet ihr hier: https://nextcloud.baiters.de/s/2Yod5GPKWpAyMnY

Inzwischen habe ich mich damit angefreundet die Kurbelwelle inkl. Pleuel und den Zylinder für ca. 600€ überholen zu lassen. Die Alternativen sind auch nicht günstiger und irgendwie habe ich die KLR lieb gewonnen.

Beim Versuch den Motor aus dem Rahmen zu nehmen bin ich jetzt aber auf ein Hinderniss gestoßen: Die Steckachse der Schwinge. :|
Die wollte sich gestern mit dem kleinen Gummihammer par tout nicht bewegen. Bei der anschließenden Recherche nach Tipps hier im Forum bin ich darauf gestoßen, dass Suntzun (Vorbesitzer der KLR) bereits 2012 an der Schwingenachse verzweifelt ist.

Mal sehen, ob ich den Bolzen in den nächsten Tagen mit schwererem Gerät gelöst bekomme, oder ob dann doch die Flex ran muss. :nixweiss:
Ich halte euch auf dem Laufenden.
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Re: Kolben nach 100.000km

Beitrag von wernerz »

Ich habe ja auch schon einige KLR zerlegt mit dem Problem.
Selbst mit nem bello ging da teilweise nichts an der Steckachse.
Inzwischen baue ich bei so Kandidaten alles ab was ab geht, hänge den Rahmen auf und flexe mit meiner kleinen Flex die Schwingenachse durch, geht ganz gut, auch bei eingebautem Motor.

Viel Glück
Gruß Werner
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Bitte klr als Betreff angeben, Danke

Überweisung geht natürlich auch, Kontodaten gibt es per PN.
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Re: Kolben nach 100.000km

Beitrag von Thägger »

Ich kenne das Problem auch zur Genüge. Hatte es bei drei 600ern.
Manchmal kann man es mit erwärmen noch lösen, ansonsten bleibt
wirklich nur der Griff zur Flex...
Leider scheuen sich Viele, das alles von Zeit zu Zeit (spätestens beim
Kettenwechsel) zu zerlegen und mit gutem Fett satt einzuschmieren.
Ich selbst habe das ganze umgangen, indem ich eine Schwingenachse
aus Edelstahl montiert habe. Dann gibt es kein festrosten mehr...
KLR 600 E ist die Beste - 180.000 km können nicht lügen!
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Re: Kolben nach 100.000km

Beitrag von KLRAndy »

Die Steckachse ist raus :angel:
Und das ganz ohne Flexen oder anderweitigen zerstören von Teilen. Schon der kleine Uhrmacherhammer mit 3kg hat gereicht um den den Bolzen zu bewegen.

Das Zerlegen des Motors kann nun also weiter gehen.
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Bäm
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Re: Kolben nach 100.000km

Beitrag von Bäm »

Thägger hat geschrieben: 04.10.2022, 22:41 Ich selbst habe das ganze umgangen, indem ich eine Schwingenachse
aus Edelstahl montiert habe. Dann gibt es kein festrosten mehr...
Eine Schwingenachse aus Edelstahl in einen Stahlrahmen gesteckt? Aufgrund meiner langjährigen beruflichen Erfahrungen mit Edelstahl (Maschinenbau Lebensmittelindustrie) halte ich das für eine mindergute Idee.

Gründe:
- Edelstahl "frisst" gerne mal, auch wenn viel Fett und "AntiSeize" im Spiel sind. Ich persönlich würde lieber eine eingerostete Welle lösen müssen, als eine gefressene Edelstahlwelle - aber das lassen wir "Geschmackssache" sein.
- bei einem Materialmix fungiert das unedlere Metall galvanisch immer als Opferanode. Will heißen: die Welle rostet zwar (zunächst) nicht, aber es verstärkt die Korrosionswilligkeit des Rahmens. [Ich hatte aus optischen Gründen an meinem ersten Auto die bei geöffneter Motorhaube sichtbaren Schrauben in Haube, Domlagern und Kotflügel durch Edelstahlschrauben ersetzt. Nach 14 Monaten war kam der Rost durch die Verzinkung und den Lack.]
- die Dauerfestigkeit von Edelstahl wäre mir an dieser Stelle zu ungewiss. Auf die Schwingenachse wirken Torsions-, Zug-, Biege- und Scherkräfte - ich kenne keine Edelstahllegierung, die das alles (auch plasmanitriert oder ecadmiert) nur annähernd so gut kann, wie der Stahl, aus dem diese Achsen serienmäßig gefertigt werden.

Die Sache mit TÜV oder der Versicherung im schlimmsten anzunehmenden Fall jetzt mal außen vor...
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